Sind Battle Passes die neue Paywall? – Wie Free-to-Play uns langsam ausnimmt

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Einleitung: Die Ära des klassischen Vollpreisspiels scheint vorbei – stattdessen dominieren heute Free-to-Play-Titel, die ihren Gewinn über Mikrotransaktionen und Abos erzielen. Inzwischen stammen etwa 58 % des PC-Spiel-Umsatzes aus eben solchen Kleinstkäufen​. Top-Titel wie Fortnite, Roblox oder Call of Duty machen den Großteil ihres Geldes nicht mehr mit Spieleverkäufen, sondern durch eben diese Ingame-Käufe. Kein Wunder: Für Publisher sind Battle Passes und Co. zur Goldgrube geworden. Experten schätzen, dass Battle-Pässe bei vielen aktuellen Shooter-Spielen 30–60 % des Umsatzes ausmachen​. Wir sehen also: Battle Passes sind überall – und zwar, weil sie für Studios enorm lukrativ sind. Aber was genau ist das eigentlich, und ab wann wird das Modell für uns Spieler zur unterschwelligen Bezahlschranke?

Was sind Battle Passes, und warum sind sie überall?

Ein Battle Pass ist im Kern ein Saison-Pass mit Belohnungen: Einmal erworben (meist via Echtgeld oder Ingame-Währung), bietet er einen stufenweisen Fortschritt mit vielen kosmetischen Inhalten. Im Fachjargon: „Ein Battle Pass ist ein in Free-to-play-Spielen angebotenes Belohnungssystem, bei dem Spieler*innen für das Erreichen von Zielen und Leveln Belohnungen wie In-Game-Items und exklusive Inhalte freischalten können“​. Typischerweise läuft eine Season über wenige Wochen oder Monate; am Ende verschwindet der Pass. Die meisten Spiele bieten zwei Versionen an: einen kostenlosen Basispfad und einen kostenpflichtigen Premium-Pfad mit deutlich besseren Belohnungen. Die Gratis-Version soll meist Appetit machen – sie bietet nur wenige Skins und Gegenstände, damit Spieler Lust bekommen, die Vollversion zu kaufen.

Wusstest du?
Der erste Battle Pass stammt aus Dota 2 (2013) – zur Unterstützung des eSports-Turniers „The International“.

Battle-Pässe sind mittlerweile nahezu Standard: In Fortnite gibt es pro Season rund 100 Stufen voller Skins, Emotes und V-Bucks (Ingame-Währung) für den Preis von ~1000 V-Bucks (~10 €). Call of Duty und Apex Legends haben ähnliche Systeme, bei denen man für ~10–15 € pro Saison knapp 100 Stufen durchleveln kann (Cash- und Gratis-Pfade). Auch im Mobile-Bereich erfreuen sie sich großer Beliebtheit: Spiele wie Brawl Stars, Clash Royale oder Pokémon GO bieten eigene „Season Pass“- oder „Brawl Pass“-Systeme. Selbst erfolgreiche Vollpreistitel zögern nicht mehr: Bei Diablo IV gibt es seit Kurzem einen zusätzlichen Battle Pass mit kosmetischen Belohnungen, was in der Community für ordentlich Zündstoff gesorgt hat.

Dass dieses Modell so omnipräsent ist, wundert nicht: Wie ein Branchenexperte schreibt, sind Battle-Pässe inzwischen eines der wichtigsten Monetarisierungs-Tools in Free-to-Play-Spielen​. Sie garantieren regelmäßige Einnahmen – solange Spieler im Match Fortschritte machen, fließt Geld. Und anders als bei Zufalls-Lootboxen sieht man hier zumindest, was man (potenziell) erhält.

Faire Monetarisierung oder neue Paywall?

Eine Paywall – also eine digitale Bezahlschranke – definiert sich dadurch, dass Inhalte erst nach Zahlung (oder Abo) zugänglich sind​. Bei Battle Passes ist das etwas komplexer: Das Spiel an sich bleibt normalerweise kostenlos, aber viele Extras liegen hinter dem Pass. Die Gratis-Spur gewährt nur wenige Kleinigkeiten, die verlockenden Highlights gibt’s meist nur in der kostenpflichtigen Version. Kritiker bezeichnen das deshalb oft als „verdeckte Paywall“: Man wird gewissermaßen zu gratis Arbeit für den Entwickler abkommandiert, um deren Inhalte zu spielen. Schließlich heißt es vielfach: Willst du wirklich auf die letzten legendären Skins verzichten?

Tatsächlich sagen aber Umfragen: Die Mehrheit der Spieler empfindet den Battle Pass nicht grundsätzlich als Ärgernis. Viele halten ihn sogar für ein faires „Geschäft“ – eben einen guten Kompromiss dafür, dass ein Basisspiel kostenlos ist​. In einer Studie gaben fast 60 % der Befragten an, dass der Battle Pass „eine positive Ergänzung zum Spielerlebnis“ sei. Man zahlt einen festen Betrag und sieht sofort, welche kosmetischen Items man bekommen kann – im Gegensatz zu Glücksspiel-Loch-Kisten. Solange keine Spielmechanik (Pay-to-win) damit freigeschaltet wird, argumentieren Befürworter, handle es sich eher um Motivationstools als um Paywalls.

Andererseits gibt es klare Grenzen: Sobald essentielle oder besonders begehrte Inhalte (z.B. beliebte Charaktere, Karten oder starke Waffen) faktisch nur via Pass zu haben sind, wird’s unfaire Geldmacherei. Dann fühlt man sich schnell wie im Abonnement-Gefängnis: Entweder man kauft, oder man verpasst ständig etwas. Beispiele wie das Overwatch 2-Problem zeigen, wie das nerven kann (dort stießen Spieler etwa auf Doppelpasses und ständigen Grind, um kaum auskömmliche Belohnungen zu erhalten).

Fazit dieser Debatte: Ein Battle Pass ist per se keine klassische Paywall – man kann weiter spielen, ohne zu zahlen. Aber die Betonung liegt auf „nur weiterspielen“. Wer alle Inhalte haben will (oder überhaupt Spaß am Fortschritt findet), erlebt im oft riesigen Grind die Schattenseite.

Beispiele aus aktuellen Spielen

  • Fortnite (Epic Games): Saisonaler Battle Pass für ~950 V-Bucks (~9,50 €). Mit ihm gibt’s Hunderte von Kosmetika (Skins, Emotes) und sogar V-Bucks zurück. Epic preist das als „gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“ an, weil man mit den zurückerhaltenen V-Bucks theoretisch den nächsten Pass finanzieren kann​.
  • Call of Duty: Warzone / Modern Warfare: Auch hier startet jede Saison ein Battle Pass (~1000 CP, ca. 10 €). Bezahl-Spieler erhalten viele Waffen-Skins, Operator-Styles und CoD-Punkte („Cash“). Der Gratis-Pfad bietet nur sehr spärliche Extras. Kritik: Der Battle Pass fühlt sich oft wie ein Abo für Kosmetik an.
  • Apex Legends (Respawn/EA): Season-Pass für ~950 Apex-Coins. Neben kosmetischen Extras (Charakter- und Waffen-Skins) schaltet man über den Pass öfter auch neue Legenden oder Loot-Boxen frei. Der Battle Pass hat 100 Stufen, aber die Free-Variante ist minimal bestückt. Viele Spieler bemängeln hier: Je nach Lieblings-Legende kann es sein, dass man im Pass oft nur uninteressanten Content freispielt.
  • Mobile Games: In Handy-Hits ist der Battle Pass längst Standard – „Season Pass“ in Pokémon GO, „Brawl Pass“ in Brawl Stars, PUBG Mobile mit einem monatlichen Pass usw. Manche Experten meinen sogar, Battle-Pässe wären in der mobilen Spielewelt inzwischen obligatorisch geworden​.

Kritikpunkte: Grind, Zeitdruck, FOMO

⁃ Zeitlich limitierte Inhalte

Battle-Pässe sind strikt saisonal. Am Ende der Season verfallen alle unerreichten Belohnungen​. Diese künstliche Deadline erzeugt enormen Druck. Ist eine gute Belohnung in Stufe 99 und Season-Ende naht, fühlen sich viele Spieler fast gezwungen, bis spät in die Nacht weiterzuspielen, um nichts zu verpassen​. Dieses FOMO- („Fear Of Missing Out“) Prinzip gehört zum System: Exklusive Kosmetika und Belohnungen nur für begrenzte Zeit sorgen dafür, dass man lieber vorsorgt und zahlt, statt später wirklich leer auszugehen​.

⁃ Grind und Erschöpfung

Die freie Pass-Spur bietet winzige Häppchen (ein paar Münzen oder Skins). Um auf eigenes Risiko alles zu erreichen, muss man stundenlang spielen. Viele berichten, dass dieses endlose „Grinden“ den Spaß stark einschränkt. Man spielt nicht aus Freude, sondern um den Pass halbwegs zu schaffen. Das kann schnell frustrieren und sogar erschöpfen. Spieler sehen es als bittere Ironie: Einmal 10 Euro investiert und schon fühlt man sich verpflichtet, möglichst viel Zeit ins Game zu stecken – schließlich muss man ja „für sein Geld etwas zurückbekommen“.

⁃ Psychologische Tricks (FOMO, Sunk-Cost-Effekt)

Design-Profis wissen, was sie tun. Battle-Pässe nutzen gezielt psychologische Kniffe: Sie setzen auf Belohnungserwartung und den Sunk-Cost-Fallacy. Man steigt auf, schaltet wenig Etappen ein, kauft den Pass – und schon hat man investiert. Wer dann aufhören würde, würde das Gefühl haben, sein Geld verschwendet zu haben. Deshalb spielen viele weiter, obwohl der Spaß nachlässt​. Ebenfalls oft gehört: „Jetzt hab’ ich schon so viel Zeit reingesteckt, jetzt zieh ich es auch noch ganz durch.“ Diese Dynamik wirkt wie ein kleiner „Pay-to-Play“-Mechanismus, auch wenn formal nur Kosmetika im Spiel sind.
Hinzu kommt künstliche Verknappung: Sonderrabatte, zeitlich begrenzte Belohnungen und die beschriebene FOMO-Logik triggern spontane Käufe. Jugendliche Teilnehmer einer Studie erklärten, dass sie bei limitierten Angeboten sehr impulsiv zuschlagen​. Zusammengefasst warnt die Fachwelt: Das Battle-Pass-Modell könne „manipulative Praktiken, suchtähnliches Verhalten und ein ungesundes Verhältnis zum Spielen“ begünstigen​. Es schürt die Sorge, dass hier mehr Kohle gemacht wird, als den Spielern lieb sein kann.

Positive Aspekte: Motivation und Transparenz

So kritisch all das klingt – ganz unsympathisch sind Battle-Pässe nicht, im Gegenteil gibt es auch Befürworter. Viele Spieler schätzen die klare Belohnungsstruktur: Man sieht genau, welche Items es gibt, kann sein Level-Fortschritt verfolgen und genau kalkulieren, ob sich der Kauf lohnt. Im Gegensatz zu reinen Lootboxen gibt es hier keine Überraschung – die Kosten sind transparent. Es ist exakt ersichtlich: 10 € investieren bringt euch diese und jene Skins. Deshalb sehen manche es als faire Alternative zu Zufallskästen.

Außerdem setzen Battle-Pässe auf Gamification: Herausfordernde Aufgaben und tägliche Quests geben Spielern einen Grund, regelmäßig einzuloggen. Wer gerne Erfolge sammelt, bekommt hier einen zusätzlichen Motivator. In Studien stuften die meisten Teilnehmer den Battle Pass als Bereicherung ein – fast 60 % hielten ihn für eine positive Ergänzung ihres Spielerlebnisses​. Viele sehen es pragmatisch: Wenn das Lieblingsspiel kostenlos ist, ist ein 10-Euro-Pass pro Saison ein vernünftiger Deal. Bei korrekter Umsetzung („guter Preis“) kann das durchaus als Win-Win gelten: Entwickler haben verlässliche Einnahmen, die Spieler erhalten einen Batzen Ingame-Belohnungen, die ihnen sonst gefehlt hätten.

Fazit: Wie könnten Battle-Pässe fairer gestaltet werden?

Eine faire Umsetzung würde die Balance zwischen (serienmäßigen) Einnahmen und Spielspaß wahren. Hier ein paar Ansatzpunkte aus Community und Designerkreisen: Mehr Flexibilität und weniger Druck könnte helfen. Statt starrer linearer Pfade könnten Spiele mehrere Tracks anbieten (wie etwa ein zufälliger Shop, wo man mit Battle-Pass-Währung bestimmte Gegenstände selbst auswählt). Die Zeitfenster ließen sich verlängern oder sogar ganz abschaffen – seasonal content holdover, wie manche Spieler fordern. Belohnungen sollten primär kosmetisch bleiben (kein Pay-to-Win!) und großzügig auch den Free-Track füttern, damit man sich nicht zwingend zum Kauf genötigt fühlt.

Manche schlagen vor, keine endgame-Skins zu locken oder beim Nachkauf alter Pässe Stufen zu überspringen – so könnte man vermeiden, dass Spieler nur noch spielen „um alles zu kriegen“. Wichtig wäre auch Transparenz: Entwickler könnten klar kommunizieren, dass es sich um ein Zusatzpaket handelt und kein Muss-Feature. Rechtlich bleibt festzuhalten, dass ein klassischer Battle Pass (im Gegensatz zu Glücksspiel-Lootboxen) aktuell meist nicht als Glücksspiel gilt​, weil man genau weiß, was man bekommt. Aber die Entwickler sollten sich trotzdem die „Dark Patterns“-Kritik zu Herzen nehmen: Manipulative Limitierungen und künstliche Verknappung sollten vermieden werden​.

Fazit: Battle-Pässe sind kein reines Gift, aber oft an der Grenze zum Suchtfaktor. Mit ein bisschen Ironie lässt sich sagen: Der Pass ist wie ein Abonnement zum Spielen – praktisch und füllig beladen, solange man zahlt und grindet. Doch statt uns nackt vor der Paywall stehen zu lassen, könnte die Branche mehr Augenmaß zeigen. Ein Battle Pass kann motivieren und Struktur bieten; er muss aber kein gefüllter Würgegriff sein. Entwickler sollten aufpassen, dass sie mit ihren Belohnungs-Systemen nicht zum Feind der eigenen Fans werden – denn gebrandmarkt als „neue Paywall“ langt mancher Mechanismus mehr nach Geldtasche als nach Spielspaß.

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